Städtebaulicher Wettbewerb Waidesgrund in Fulda
Der Entwurf errang den 2. Preis beim städtebaulichen Ideenwettbewerb »Waidesgrund« in Fulda.
Erläuterungsbericht:
Gesamtkonzept und Einbettung
Das Gebiet am Waidesgrund liegt eingebettet in ein urbanes Umfeld mit direkter Anbindung zur Bahn und ist gleichzeitig Teil großräumiger Grünzusammenhänge. Diese Kombination aus urbaner und freiräumlicher Prägung wird im städtebaulichen Konzept aufgenommen und weiterentwickelt. Der Entwurf geht behutsam mit der bestehenden Situation um und greift die unterschiedlichen räumlichen Gegebenheiten auf. So werden wichtige Wegeverbindungen erhalten, eingebunden und durch die Begleitung von Grün aufgewertet. Außerdem wird die Geländetopographie zur baulich-räumlichen Gliederung genutzt. Die verschiedenen Nutzungsansprüche an das Gebiet werden insgesamt verträglich zueinander und miteinander angeordnet. Im Zentrum des Plangebietes wird eine neue Freifläche (»Waidespark«) vorgeschlagen, die als freiräumliches Gelenk für das neue und alte Umfeld dient.
Wohngebiet
Wesentlicher Baustein der Planung ist das Wohnquartier am Waidesgrund, das sich durch einen nachbarschaftlichen, urbanen und durchgrünten Charakter auszeichnet. Vor dem Hintergrund der örtlichen Wohnungsbedarfe werden hier Mehrfamilienhäuser mit ca. 400 neue Wohnungen unterschiedlicher Größe und Zuschnitts vorgeschlagen. Die Gebäudetypologien reichen von dreigeschossigen Punkthäusern (Stadtvillen) über Laubenganghäusern bis hin zu einer viergeschossigen Platzrandbebauung. Bei der städtebaulichen Dichte wurde darauf geachtet, dass die Baukörpergrößen zwischen der im angrenzenden Umfeld bestehenden kleinteiligen Baustruktur und der mächtigen Kubatur des Hotels vermitteln.
Im Zentrum des Wohnquartiers liegt der grüne Anger, der das freiräumlich geprägte Rückgrat des Quartiers darstellt und zur Adressbildung beiträgt. Entlang des Angers bilden viergeschossige Mehrfamilienhäuser eine Raumkante. Ihnen gegenüber werden Wohnhöfe mit überwiegend dreigeschossigen Gebäuden angeordnet. In den Wohnhöfen greifen halböffentliche Erschließungsbereiche und private Grünräume (Gartenhöfe) ineinander. So führt die städtebauliche Figur zu einer Verzahnung des Landschaftsraums mit dem Siedlungsraum. Aufgrund der Topografie liegen die Wohnhöfe im Osten im Sinne einer Terrasse leicht erhöht über dem Landschaftraum Weidesgrund, sodass weite Blicke ins Grüne möglich werden. Mittels Treppen und Rampen gibt es einen direkten Zugang in den angrenzenden landschaftlichen Freiraum.
Das Wohnquartier am Waidesgrund wird ausgehend vom Zieherser Weg und der Baugulfstraße »bügelartig« erschlossen. Die Eingänge ins Quartier werden städtebaulich prägnant gestaltet. Während an der Baugulfstraße eine Allee-Situation entsteht, wird am Zieherser Weg ein kleiner Platz gebildet, der von einem neuen Gebäudekomplex räumlich gefasst wird (z. B. Studentenwohnheim/Boardinghaus/ Mehrgenerationen-Wohnen). Die wichtige Wegeverbindung zwischen Bahnhof und Schulkomplex wird erhalten, aufgewertet und in einen kleinen Grünzug eingebettet.
Über das gebietsinterne Wegenetz wird ein weiterer Wohnhof an der Magdeburger Straße mit dem größeren Wohnquartier verbunden. Die Wohnhof-Bebauung nimmt in ihrer städtebaulichen Dichte Bezug auf die bestehende Bebauung entlang der Magdeburger Straße. Durch die bauliche und topografische Gestaltung des Wohnhofs entsteht sowohl ein geschützter halböffentlicher Raum als auch attraktive Beziehungen zum südlichen Freiraum.
Kongresszentrum ESPERANTO
Der Entwurf sieht die geplante Erweiterung des Kongresszentrums nordöstlich an das bestehende Gebäude vor. Dabei werden die Anforderungen des Betreibers bezüglich der funktionalen inneren Zusammenhänge aufgegriffen. Die Anordnung der Halle berücksichtigt hierbei eine möglichst störungsfreie Gestaltung der benachbart geplanten Wohnbauflächen. Die neue Veranstaltungshalle liegt auf einer Höhe mit dem bestehenden Komplex. Vor dem Hintergrund der nach Süden hin stark ansteigenden Topografie ist die Halle trotz ihrer Größe im benachbart geplanten Wohngebiet kaum mehr wahrnehmbar.
Die Anlieferung des Kongresszentrums erfolgt von zwei Punkten an der Zieherser Straße. Der gesamte Komplex kann mit Sattelschleppern umfahren werden, um eine möglichst flexible Anlieferungssituation zu ermöglichen. Es besteht die Möglichkeit, von der neuen Halle einen Zugang in den Waidespark zu schaffen, was bei Veranstaltungen Synergien ermöglicht.
Ochsenwiese / Parkhaus
Der städtebauliche Entwurf sieht den Bau eines neuen Parkhauses mit ca. 1.100 Stellplätzen im Einmündungsbereich des Zieherser Weges in die Magdeburger Straße vor. Die Zufahrt des Parkhauses erfolgt mittels einer Brücke vom bestehenden Kreisverkehr, sodass die Nutzer direkt auf die 2. Parkebene gelangen. Der abgerundete Gebäudekörper des Parkhauses bildet mit vier Geschossen (5 Parkebenen) eine markante Raumkante, die zur Gliederung der städtebaulichen Situation im Kreuzungsbereich einen wichtigen Beitrag leistet. Dabei wird die Form des benachbart geplanten DB-Trainingszentrums aufgegriffen. Vor dem Hintergrund der ansteigenden Topografie ist die Höhenentwicklung des Parkhauses gegenüber der bestehenden Wohnbebauung nördlich entlang der Magdeburger Straße integriert. Durch die Wahl einer ansprechenden Fassade kann ein markanter »Blickfang« im Kreuzungsbereich entstehen, der das Stadtbild bereichert. Das Parkhausgebäude besitzt eine bandartige Fassadengliederung, die durch Stanztechnik mit Mustern oder Bildern individuell gestaltet werden kann. Mithilfe des grünen Innenhofes und der offenen, lichten Gestaltung entsteht eine angstfreie und freundliche Nutzungsatmosphäre.
Die verbleibende Fläche der Ochsenwiese kann wie bisher als Stellplatz- und Veranstaltungsfläche genutzt werden. Die bestehende Zufahrt bleibt erhalten. Der Entwurf sieht eine neue Gliederung und gestalterische Aufwertung der Platzfläche mit einfach herstellbaren Gestaltungselementen vor, die den Festbetrieb nicht stören. Die eher großzügig gestalteten Stellplatzmarkierungen können nach Bedarf in den Randbereichen um weitere Abstellmöglichkeiten ergänzt werden.
Die Neugestaltung der Parkplatzfläche berücksichtigt die wichtige Wegeachse zwischen dem Platz vor dem Hallenbad und der Treppenanlage Magdeburger Straße. Das städtebauliche Konzept steht darüber hinaus einer weiteren baulichen Entwicklung der Ochsenwiese nicht entgegen, da eine unmittelbare Verbindung zum Waidespark und damit eine Anknüpfung an die neue Wohnbebauung gegeben ist.
Freiraum
Der Freiraum im Plangebiet wird bestandsorientiert weiterentwickelt. Dabei werden drei Freiraumbereiche unterschiedlichen Charakters ausgebildet, die entlang des Waides-Baches aufeinander folgen. Die Freiraumbereiche werden durch das bestehende und ergänzte Wegenetz verbunden.
Die Freifläche im Bereich des Regenrückhaltebeckens bildet einen eher ruhigen, naturnahen Raum. Sie soll beinahe unverändert erhalten bleiben. Die weitläufige Grünfläche hat auch in Zukunft vorwiegend ökologische Funktionen und kann hauptsächlich zur Naherholung genutzt werden. Eingegriffen wird hier lediglich durch das Anlegen eines neuen Fußweges quer durch die Freifläche, der eine direkte Verbindung in die geplanten Wohnhöfe ermöglicht. Lücken in dem wohngebietsseitigen Gehölzstreifen sollen Blickachsen in den bestehenden Freiraum Waidesgrund ermöglichen.
Im Zentrum des Plangebietes liegt der Waidespark. Er nimmt im Entwurf eine Gelenkfunktion ein und bildet einen zentralen Ort, wo Wege und Nutzungen zusammentreffen. Die Gestaltung des kleinen Parks soll mit Blick auf eine hohe Aufenthalts- und Nutzungsqualität für die neuen Bewohner und ggf. auch für die Besucher des Esperantos erfolgen (Spielplatz, Bänke, Picknick-Wiese).
Der Grünzug läuft entlang des Baches weiter und wird zwischen Hallenbad und Stellplatzanlage zunehmend verengt. In diesem Bereich findet der Übergang vom grünen Freiraum zu städtisch geprägten Räumen statt, der städtebaulich durch einen neu gestalteten Platz markiert wird, wo die Waides auf den Zieherser Weg trifft.
Dezember 2017